Mit 2,1 Mio. Mitgliedern ist die IG Metall die größte Einzelgewerkschaft Deutschlands. Entsprechend groß ist der Bedarf an gegenständlichen Werbeträgern, mit denen die Berufsvertretung Mitglieder sichtbar macht und Inhalte kommuniziert. Markus Albrecht, Gewerkschaftssekretär im Gemeinsamen Erschließungsprojekt Bezirk Nordrhein-Westfalen, über kritische Masse in Gewerkschaftsrot, Basisarbeit am Grill und kreative Beschäftigte.

Herr Albrecht, viele Menschen denken bei dem Begriff „Gewerkschaft“ sicher zuerst an Kundgebungen und ähnliche Veranstaltungen – und damit auch unmittelbar an gegenständliche Botschafter, denn diese machen die Gewerkschaftler erst als solche sichtbar. Welche Rolle spielt haptische Werbung für die Arbeit der IG Metall, und in welchen Bereichen kommt sie zum Einsatz?

Markus Albrecht: Natürlich sind viele unserer Veranstaltungen ohne haptische Werbung kaum denkbar. Mit Kleidungsstücken wie Kappen z.B. ist eine Menschenmenge blitzschnell gewerkschaftsrot, mit Trillerpfeifen unüberhörbar, diese Produkte sind nicht umsonst Klassiker in unserem Lineup. Darüber hinaus kommt haptische Werbung überall dort zum Einsatz, wo wir mit Mitgliedern oder solchen, die es noch nicht sind, in Kontakt treten. Dabei wirken haptische Helfer als „Eisbrecher“, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Wenn ein Werbeartikel thematisch zum aktuellen betrieblichen Thema passt, können wir damit unsere Botschaft gut transportieren.

Markus Albrecht

Jg. 1982, ist seit 2012 für die IG Metall tätig. Als Gewerkschaftssekretär im Gemeinsamen Erschließungsprojekt Bezirk Nordrhein-Westfalen umfasst seine Arbeit u.a. die Erschließung von Betrieben, die bislang noch nicht gewerkschaftlich organisiert sind.

Mit nach eigenen Angaben mehr als 2,1 Mio. Mitgliedern ist die IG Metall Deutschlands größte Einzelgewerkschaft. Neben der Eisen- und Stahl-, der Metall- und Elektroindustrie und dem Maschinenbau vertritt die Berufsvertretung Arbeitnehmer in den Branchen Holz, Möbel und Kunststoff, Textil, Neue Energien, Handwerk sowie IT und Engineering. Demokratisch organisiert, gliedert sich die IG Metall in mehr als 150 Geschäftsstellen, Bezirke und Vorstand. Angesiedelt an die Bezirksleitungen, kümmern sich regional aktive Erschließungssekretäre und -sekretärinnen um die Erschließung neuer Betriebe und die Gewinnung neuer Mitglieder.

An welchen Touchpoints treten Sie denn z.B. mit Ihren Zielgruppen in Kontakt?

Markus Albrecht: Meist ist das direkt in den Betrieben in unseren Branchen. Wir stehen nicht in Fußgängerzonen, sondern machen dort Werbung, wo unsere Zielgruppe ist – in den Unternehmen selbst, wo wir die Chance haben, am Arbeitsplatz Eins-zu-Eins-Gespräche zu führen.

Darüber hinaus organisiert die IG Metall natürlich wie jede Gewerkschaft Kundgebungen und Infoveranstaltungen, auch dabei kommen haptische Botschafter zum Einsatz, ebenso wie im Falle eines Streiks, falls es tatsächlich in letzter Konsequenz dazu kommen sollte. Streiks sind jedoch sehr selten – was natürlich für unsere Arbeit spricht.

Zu Ihren Aufgaben als Gewerkschaftssekretär gehört die Erschließung von Betrieben, die bislang nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Dabei helfen Sie den Arbeitnehmenden z.B. bei der Gründung von Betriebsräten oder der Durchsetzung von Tarifverträgen. Wenn Sie dann darüber noch neue Mitgliederinnen und Mitglieder gewinnen können – umso besser. Ihre Arbeit ist immer auch Überzeugungsarbeit – um einen Tarifvertrag durchzusetzen, sollten z.B. mindestens 50% der Mitarbeitenden eines Betriebs dahinterstehen. Wie gehen Sie dabei vor?

Markus Albrecht: Das wichtigste ist, überhaupt mit den Arbeitnehmenden in Dialog zu treten. Dafür besuchen wir die Unternehmen. Der Gesprächseinstieg vor Ort ist für uns das A und O. Wir haben ja das Glück, dass wir im klassischen Sinn nichts verkaufen müssen. Belegschaften können sich entscheiden: Tarifvertrag fordern – ja oder nein. Dafür müssen sie aber alle Argumente kennen und sich dann letztendlich auch gewerkschaftlich organisieren. Denn nur Gewerkschaftsmitglieder können einen Tarifvertrag fordern und durchsetzen.

Für unsere Argumente brauchen wir direkten Kontakt mit den einzelnen Beschäftigten. Ohne gute Gespräche können wir niemanden überzeugen, sich für eine Sache einzusetzen.

Wie helfen Ihnen gegenständliche Botschafter dabei, Gespräche in Gang zu bringen?

Markus Albrecht: Meistens findet der erste Kontakt über einen Werbeartikel statt, den wir überreichen. Wir könnten den Leuten auch einfach einen Flyer in die Hand drücken, aber der würde in vielen Fällen wahrscheinlich ungelesen im Papierkorb landen. Ein Produkt wirkt da viel besser, es sorgt für eine gewisse Aufmerksamkeit und einen Aha-Effekt.

Zudem führen wir am Anfang einer Kampagne häufig betriebliche Umfragen durch. Um teilzunehmen, müssen die Beschäftigten einen QR-Code scannen. Diesen überreichen wir beispielsweise gerne mit einem umverpackten Schokoriegel. Ein solcher wirkt natürlich ganz anders als ein schlichter Papierzettel. Auf der letzten HAPTICA® live habe ich Duplo-Riegel entdeckt, die so verpackt waren, dass das „Du“ in einem Sichtfenster erschien – sowas ist ein tolles Ansprache-Tool für uns.

Eine kulinarische Ansprache kommt generell gut an – häufig laden wir auch Mitarbeitende zum Grillen in der Mittagspause ein, wobei dann gebrandete Teller, Schürzen und Eistruhen zum Einsatz kommen. Alle Produkte und Aktionen haben gemeinsam, dass sie immer ein konkretes Thema transportieren.

Wie gehen Sie bei der Produktauswahl vor? Wo informieren Sie sich über Produktneuheiten?

Markus Albrecht: Wir halten die Augen und die Ohren offen, und wir sind natürlich ein großes Netzwerk, in dem sich gute Ideen schnell herumsprechen. Zudem werden viele vom Vorstand der IG Metall organisierte Kampagnen oft mit tollen Werbemitteln begleitet. Auch Messen wie die HAPTICA® live sind eine ganz wunderbare Möglichkeit, Neues zu finden und sich inspirieren zu lassen. Nicht zuletzt kommen viele gute Ideen direkt aus den Betrieben.

Zum Beispiel?

Markus Albrecht: Bei einem Arbeitgeber, einem großen metallverarbeitenden Unternehmen mit Tausenden von Mitarbeitern, standen im gesamten Betrieb Trinkwasserspender, für die aber nur Pappbecher bereitgehalten wurden. Dort haben wir wiederverwendbare Faltbecher mit unserem Logo unter die Beschäftigten gebracht, das kam sehr gut an. In einem anderen Betrieb war es sehr heiß an den Arbeitsplätzen, dort haben wir anlässlich einer Betriebsversammlung kleine Handventilatoren verteilt, die dann plötzlich alle Beschäftigten in der Hand hielten, während der Geschäftsführer seine Rede gehalten hat. Danach wurde dann auch etwas an der Ventilation getan.

Ohnehin setzen wir oft auf beteiligende Elemente, mit denen unserer Mitglieder ausdrücken können, dass sie hinter den gewerkschaftlichen Positionen stehen. Das können beispielsweise Puzzle oder Pakete sein, die unterschrieben und dann als gemeinsame Aktion zusammengesetzt werden.

Gibt es Produkte, die für die IG Metall nicht als Werbeartikel infrage kommen?

Markus Albrecht: Das Produkt muss natürlich immer zum betrieblichen Thema passen, und die Kolleginnen und Kollegen müssen damit was anfangen können. Außerdem ist klar, dass Produkte, die irgendwie diskriminierend oder ausschließend sein könnten, nicht infrage kommen. Wir müssen im Vorfeld gut überlegen, auf welche Stimmung ein Produkt trifft und ob es nicht irgendwie Unmut erregen könnte – es sei denn, wir wollen genau das.

Gab es eine solche Situation, in der Sie bewusst provokant aufgetreten sind?

Markus Albrecht: Ja, z.B. im Falle eines Autohändlers, der den Slogan „Sechs Marken, zwei Standorte, eine Belegschaft“ kommuniziert hat. Diesen Slogan haben wir umgemünzt in „Sechs Marken, zwei Standorte, null Tarifvertrag“ und auf Static Sticker gedruckt, die wir dann auf die Autos geklebt haben. Danach war man sehr schnell gesprächsbereit. Aber in jedem Fall gilt: Wir müssen schon eine gewisse Sensibilität zeigen. Z.B. kommen bei einer drohenden betrieblichen Verlagerung nach Fernost Werbeartikel mit dem Aufdruck „Made in China“ nicht so gut an.

Haben Sie denn umgekehrt auch schonmal bewusst Werbeartikel eingesetzt, die hierzulande produziert wurden?

Ja, wir haben mal eine kleine Auflage hochwertiger Regenschirme „made in Europe“ mit dem Slogan „Wir lassen Sie nicht im Regen stehen“ eingesetzt.

 

Die IG Metall vertritt längst nicht mehr nur die in ihr organisierten Arbeitnehmenden der Branchen Metall/Elektro und Stahl, sondern auch Angestellte aus den Branchen Textil/Bekleidung, Holz/Kunststoff sowie Informations- und Kommunikationstechnologie. Gibt es da Unterschiede im Außenauftritt, die sich auch in unterschiedlichen gegenständlichen Botschaftern widerspiegeln?

Markus Albrecht: Klassiker wie Kugelschreiber oder Tassen gehen natürlich immer und eignen sich für viele verschiedene Botschaften und Branchen. Wenn ich mich am Empfang schon mit einem IG Metall-Kugelschreiber in die Besucherliste eintrage, weiß ich: Hier bist du richtig. Aber es gibt auch gute Ideen für die einzelnen Industriezweige. Schiebstöcke für Kreissägen, damit sich die Kolleginnen und Kollegen nicht die Finger verletzen, oder Schutzhandschuhe sind mit IG Metall-Aufdruck direkt viel schöner. Und in der IT-Branche haben wir z.B. schonmal Mousepads eingesetzt oder Webcam-Sicherheitssticker vom Kölner Hersteller Hey!Blau Labs.

Es macht schon Eindruck, wenn man durch einen Betrieb geht und ständig das Gewerkschaftslogo sieht. Gebrandete Produkte aller Art sind gute Möglichkeiten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich direkt an ihrem Arbeitsplatz zur Gewerkschaft zu bekennen.

Die Organisationsstruktur der Gewerkschaft ist regional in rund 150 Geschäftsstellen heruntergebrochen. Wie funktioniert die Beschaffung und die Versorgung der einzelnen Geschäftsstellen und der Mitglieder mit Werbeartikeln? Ordern Sie die benötigten Produkte in Eigenregie?

Markus Albrecht: Es gibt natürlich Werbeartikel, die zentral über den Vorstand der IG Metall in Frankfurt am Main beschafft werden. Unser interner Shop bietet eine breite Auswahl an Produkten, dort bestellen wir viele Klassiker und Standardartikel. Darüber hinaus kann jede Geschäftsstelle der IG Metall aber auch eigene Werbeartikel beschaffen. Wir wissen ja, was in den Betrieben vor Ort los ist und was gut ankommt. In jedem Fall gilt: Wir handeln im Interesse unserer Mitglieder, müssen unsere Budgets deshalb mit großem Respekt behandeln und gut überlegen, wofür wir welche Mittel einsetzen.

Nicht nur, weil Verschwendung vermieden werden muss: Welche Rolle spielen Nachhaltigkeitsaspekte bei der Produktauswahl?

Markus Albrecht: Nachhaltigkeit wird immer wichtiger, da schauen wir genau hin. Artikel, die nur einmal verwendet werden, versuchen wir zu vermeiden. Am besten ist es, wenn die Leute nach einer Veranstaltung die Produkte mit nach Hause oder an den Arbeitsplatz nehmen und dort weiter benutzen. Und der eben erwähnte Faltbecher ersetzt jetzt hoffentlich viele Pappbecher.

Da wir als Gewerkschaft auch die Produktionsbedingungen im Blick haben, hat oft der Anbieter die Nase vorn, über den wir ein Werbemittel aus sozialverantwortlicher Produktion beziehen können.

Was gilt es bei der Gestaltung der Produkte zu beachten?

Markus Albrecht: Die IG Metall hat ein Corporate Design, an das wir uns halten. Rot ist eine schöne Farbe und sollte auch vorkommen, aber ausschließlich Rot ist auch langweilig. Wir lassen uns deshalb häufig von Kampagnen inspirieren, die die IG Metall gerade ausrollt, sowie nicht zuletzt von den Hausfarben und der Kommunikation der Unternehmen selbst. Wenn ein Unternehmen schreibt „Unsere Mitarbeiter sind unser größtes Kapital“, ist das natürlich eine Steilvorlage.

Wie ist das Feedback, dass Sie im Rahmen Ihrer Tätigkeit von den Arbeitnehmern in den Betrieben zu den Produkten bekommen?

Markus Albrecht: Ein „Was soll ich denn jetzt damit?“ kommt selten vor. Aber wenn, dann haben wir an irgendeiner Stelle nicht richtig hingehört. Wenn wir gute Arbeit leisten und die Leute etwas mit den Produkten anfangen können, bekommen wir gute Rückmeldungen, und das ist meistens der Fall.

Nicht selten identifizieren sich die Arbeitnehmer auch mit den Produkten, z.B. mit individuell gestalteten Kleidungsstücken. Wenn die Kolleginnen und Kollegen sich selber ein T-Shirt oder einen Hoodie mit ihrem Motto, mit ihrer Kampagne erstellt haben, dann tragen sie es zu Recht mit Stolz.

// Mit Markus Albrecht sprach Till Barth.

Fotos: Thomas Gebhard (3) © WA Media; Thomas Range (4)