
Kodak ist eine Traditionsmarke, die bereits mehrere Krisen gemeistert hat. Heute nutzt Kodak das Lizenzgeschäft, um sich über die traditionellen Geschäftsfelder Film, Druck sowie Chemikalien und Materialentwicklung hinaus im Lifestyle-Segment zu positionieren und jüngere Zielgruppen zu erreichen.
HAPTICA® Magazin sprach mit Clara Fort, Vice President Global Brand Licensing bei der Eastman Kodak Company, darüber, wie die DNA einer Marke durch Kooperationen und haptisches Branding weiterentwickelt werden kann, über die Verbindung von Marketing und Lizenzierung und über das multisensorische Erlebnis von Brand Stores.

Clara Fort
Die Marke Kodak blickt auf eine lange Geschichte zurück. Wie würden Sie die Marken-DNA von Kodak beschreiben, und wie hat sie sich im Laufe von mehr als einem Jahrhundert verändert?
Clara Fort: Kodak stand schon immer für Qualität und Kreativität, und das ist auch heute noch der Fall. Wir bleiben unserer DNA treu und entwickeln unsere Marke in diesem Sinne weiter.
In der Vergangenheit lag der Schwerpunkt auf Film, Fotografie und Fototechnik. Jetzt gibt es Lifestyle-Kollektionen mit Mode und Reisegepäck. Wie baut das auf dem Markenerbe auf? Welche Rolle spielt das Brand Licensing im heutigen Geschäftsmodell von Kodak?
Fotografie ist für Kodak seit rund 100 Jahren von zentraler Bedeutung. Bekleidung und Gepäckstücke bauen auf dem Erbe der Marke auf, da Mode und Reisen mit Fotografie in Verbindung stehen.
Kodak ist vor allem bei Menschen über 35 Jahren bekannt. Wir wollen sicherstellen, dass auch jüngere Generationen die Marke kennenlernen. Es gibt viele Beispiele dafür, wie wir die jüngere Generation über Lizenzprodukte erreichen. Die Rolle des Brand Licensings besteht darin, den Bekanntheitsgrad der Marke sowohl in demographischer als auch in geographischer Hinsicht weiter auszubauen – und natürlich einen wesentlichen Beitrag zur Rentabilität von Kodak zu leisten.
Einige der Modekollektionen haben einen ausgeprägten Retro-Look, der derzeit sehr angesagt ist. Manche Teile sehen aus, als stammten sie aus den 1970er Jahren. Hat Kodak in der Vergangenheit bereits solche gebrandeten T-Shirts, Taschen usw. verwendet?
Ich nehme an, dass Kodak in den 1970er und 1980er Jahren T-Shirts als Merchandisingartikel eingesetzt hat. Jetzt haben wir aber ein komplettes Lifestyle-Angebot von Kopf bis Fuß. Und wir haben nicht nur Lifestyle-Produkte, sondern auch Unterhaltungselektronik, die in Lizenz entwickelt wird.

Die Kodak-Shirts von Brava wollen die zeitlose Schönheit der Analogfotografie einfangen. Die Kollektion steht aber nicht nur für kreative Mode, sondern auch für Nachhaltigkeit. Die Kleidungsstücke werden in Portugal aus Bio-Baumwolle gefertigt.
Können Sie einige Beispiele für aktuelle Kooperationen mit Lifestyle-Marken nennen?
Bei Kooperationen arbeiten wir entweder direkt mit großen Einzelhändlern zusammen, um die Markenpräsenz und -reichweite zu erhöhen, oder wir arbeiten mit bestimmten Marken zusammen, um ein Publikum ganz gezielt anzusprechen.
Im vergangenen September haben wir eine Herrenkollektion mit Lojas Renner auf den Markt gebracht, einem großen brasilianischen Einzelhandelsunternehmen mit rund 600 Geschäften in Brasilien, Argentinien und Uruguay. Es handelte sich um eine Kollektion im Retro-Stil der 1990er Jahre.

Der exklusive Kodak-Filmrollen-Anhänger von Anya Hindmarch aus hochwertigem Leder verbindet Retro-Charme mit modernem Design und zeigt die Strahlkraft der Marke.
Letzten Sommer gab es eine Zusammenarbeit mit Stradivarius, einem Teil der spanischen Inditex-Gruppe, zu der auch Zara gehört. Stradivarius betreibt rund 950 Läden in 75 Ländern – auch hier handelt es sich um ein großes Einzelhandelsunternehmen mit großer Sichtbarkeit und starkem Marketing. Die Kollektion richtete sich an junge Frauen, also an eine andere Zielgruppe als bei Lojas Renner. Stradivarius setzte in seiner Kommunikationskampagne auch lizenzierte Kameras ein und stärkte damit die Marke Kodak.
Wir haben 2024 auch mit verschiedenen französischen Einzelhändlern Partnerschaften aufgebaut. Einer von ihnen, Jennyfer, unterhält 220 Geschäfte für Damenbekleidung in Frankreich. Im Jahr 2025 werden wir eine Unisex-Kollektion mit Promod zum Valentinstag auflegen, die in mehreren hundert Geschäften angeboten wird.
Eine gezielte Markenkollaboration haben wir zudem mit Brava aus Barcelona umgesetzt. Die Capsule Collection besteht aus Artikeln für Männer und Frauen und ist sehr farbenfroh. Die dazugehörige Kampagne wurde auf Kodak-Film gedreht. Wir integrieren in solchen Marketingkampagnen immer verschiedene Elemente wie Produkte oder Film, um die Markenidentität und die DNA zu reflektieren. Die erste Kollektion war so erfolgreich, dass wir eine zweite und eine dritte Capsule auf den Markt gebracht haben.
Unser Ansatz wird auch in dem Projekt mit Anya Hindmarch, einer Luxusmarke für Taschen und Accessoires, deutlich. Das Unternehmen kontaktierte uns, weil sie einen Anhänger in Form einer Kodak-Filmrolle herstellen wollten. Daraus wurde ein wunderschönes Stück aus Leder, das im Einzelhandel für etwa 200 britische Pfund angeboten wird. Das zeigt die Stärke der Marke Kodak, die es schon seit so vielen Jahren gibt und die auf der ganzen Welt bekannt ist.
Welche Kriterien legen Sie bei der Auswahl Ihrer Lizenzpartner und -Produkte an?
Erstens stellen wir sicher, dass die Kooperationen und Produkte mit der Markenidentität von Kodak übereinstimmen und es einen Bezug zu Fotografie, Bild, Druck, Film, Licht und den damit verbundenen Feldern gibt. Wir haben z.B. auch Lizenznehmer für Fernsehgeräte, Solarpaneele und neuerdings einen in China für einen Lackschutzfilm in der Autoindustrie. Die Ausrichtung auf die Marke ist bei der Auswahl der Partner von entscheidender Bedeutung, das geht über die Präsentation der Logos hinaus. Die Marke Kodak soll konsistent repräsentiert werden.

Das Kodak-Shirt aus der Herrenkollektion von Lojas Renner vertreibt der brasilianische Einzelhandelskonzern direkt über seine Läden in Südamerika.
Zweitens müssen unsere Partner Experten auf ihrem Gebiet sein und hochwertige Produkte mit kreativen Designs liefern. Das dritte Kriterium ist unser Fokus auf den Aufbau langfristiger Partnerschaften. Sobald die Verträge unterzeichnet sind, wollen wir mit unseren Partnern gemeinsam wachsen. Neue Partnerschaften suchen wir nur dann, wenn ein bestehender Partner nicht in der Lage ist, in einer bestimmten Region oder bei der Erweiterung der Produktlinie zu expandieren.
Es gibt noch weitere Kriterien, die zu berücksichtigen sind, wie z.B. die Nachhaltigkeit. So ist etwa die gesamte Produktlinie von Brava biologisch und nachhaltig. Kodak hat jetzt einen Nachhaltigkeitsbericht, und wir ermutigen unsere Lizenznehmer, in diese Richtung zu gehen.
Welchen Beitrag leistet das haptische Branding mit lizenzierten Produkten zur Marketingstrategie von Kodak?
Bei der Lizenzierung von Kodak geht es um Markenrelevanz, Markensichtbarkeit und Rentabilität, während gleichzeitig ein konsistentes Markenimage weltweit und über verschiedene Produktkategorien hinweg aufrechterhalten wird. Das ist sehr wichtig. Das ist es, woran wir arbeiten. Kodak möchte seinen Kunden unabhängig davon, ob sie sich in den USA, China, Australien, Südafrika oder an anderen Standorten befinden, das gleiche Kundenerlebnis bieten. Diese Konsistenz ist ein Schlüsselfaktor in unserer Strategie.
Setzen Sie Markenprodukte auch als Werbeartikel oder Giveaways für Kampagnen ein?
Wir führen manchmal Werbeaktionen durch, aber nicht oft. Wir verwenden unsere lizenzierten Produkte für einige Filmstarts, wenn wir vom Kodak Motion Picture Team darum gebeten werden. Z.B. bekommen Schauspielerinnen und Schauspieler einige dieser Kodak-Kameras für die Eröffnungsparty. Genau genommen handelt es sich dabei eher um Marketing als um Promotion. Unsere Lizenznehmer verwenden vielleicht einige Werbeartikel, wenn sie eine Veranstaltung organisieren, aber wir vergeben keine Lizenzen für Werbeartikel.

Anlässlich der Kodak-Kollektion von Knickerbocker haben der Kodak Camera Club und die amerikanische Sportswear-Marke einen Fotowettbewerb durchgeführt, bei dem die Teilnehmenden ihre auf Kodak-Film geschossenen Bilder einreichen konnten.
Welche ist Ihre Lieblingskampagne von Kodak, bei der haptisches Branding zum Einsatz kam?
Da gibt es mehrere, die meisten haben mit Fotografie zu tun. Wir haben mit der amerikanischen Bekleidungsmarke Knickerbocker zusammengearbeitet, die einen Online-Fotowettbewerb durchführte – natürlich auf Kodak-Film aufgenommen. Der Wettbewerb war sehr gut organisiert und ansprechend, und er wurde in den sozialen Medien stark wahrgenommen.
Unser Bekleidungslizenznehmer in Korea führte eine Kampagne mit drei Kurzfilmen durch – da Kodak mit Kinofilmen verbunden ist –, um die Marke zu bewerben. In diesen Filmen werden kurze Geschichten über unsere Marke mit koreanischen Trends kombiniert. Ich war im vergangenen September in Korea und habe die verschiedenen Arten von Kodak-Lifestyle-Stores gesehen, die ein intensives Erlebnis bieten. Die Kollektionen werden mit Verweisen auf die Geschichte von Kodak präsentiert, z.B. mit alten Werbeplakaten, Werbespots und Kodak-Filmverpackungen. An Sofortdruckstationen können die Beuscher ihre eigenen T-Shirts gestalten. Es gibt Hinweise auf den Kodak Camera Club und die ikonische Colorama-Kollektion, die 35 Jahre lang in der New Yorker Central Station ausgestellt war. Eine Playlist, die sich auf diese Bilder bezieht, sorgt für ein intensives Erlebnis. So können die Kunden Musik und Momente teilen und in den Umkleidekabinen Selfies vor der Kulisse des Times Square machen. Es geht vor allem um das Erlebnis.

Dieser Kodak-Brandstore in Südkorea kombiniert Nostalgie und moderne, interaktive Elemente zu einem immersiven Markenerlebnis.
Welche Bedeutung haben solche Brand Stores und diese multisensorischen Erlebnisse in einer digitalen Welt?
In der Geschichte von Kodak und in der Fotografie generell geht es darum, glückliche Momente festzuhalten und Erinnerungen zu teilen. Trotz der Wartezeit beim Entwickeln und der durchschnittlichen Bildqualität lieben Kinder und Jugendliche heute die analogen 35-mm-Kameras, weil sie dieses Retro-Feeling vermitteln. Das ist nicht nur ein Trend, es ist wie mit dem Comeback der Vinyl-Schallplatte – ein anderes Medium mit einzigartigen Qualitäten. Wir alle scheinen uns nach etwas Greifbarem zu sehnen.
// Mit Clara Fort sprach Dr. Andreas J. Haller.
Bildquelle: Kodak