Bei „Justiz“ denken viele zunächst an den Vollzug, an Richter in ihren Roben oder an den Vorabendkrimi. Dass die Justiz in NRW insgesamt über 43.000 Menschen in sehr unterschiedlichen Berufen beschäftigt und so deutlich vielfältiger aufgestellt ist, wissen nur wenige. Hier setzen Joachim Klein, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit, und Markus Ausetz, Leiter der Nachwuchsgewinnung, an, mit dem Auftrag die Arbeit der Justiz NRW zu beleuchten, die Menschen in ihren diversen Berufszweigen sichtbar zu machen und so zugleich für die Justiz als Arbeitgeberin zu werben. Beliebtes Medium beim Verfolgen dieser Ziele ist haptische Werbung in vielen Facetten.

Markus Ausetz (l) und Joachim Klein (r)

Das Ministerium der Justiz gehört mit über 40.000 Beschäftigten zu den größten Arbeitgebern Nordrhein-Westfalens und bildet vom Arbeitsgericht bis hin zur Zivilgerichtsbarkeit viele Aspekte des öffentlichen Lebens ab. Sie beide sorgen dafür, das Ministerium in der Öffentlichkeit sichtbarer zu machen – vermutlich ein ziemlich umfangreiches Aufgabenspektrum.

Joachim Klein: Ein Unternehmen dieser Größenordnung wäre in der freien Wirtschaft ganz anders aufgestellt – da wäre eine riesige Kommunikationsabteilung für das Thema zuständig. Hier besteht die Öffentlichkeitsarbeit aus mir und einem kleinen Team von Kolleg:innen – wir sind für Veranstaltungen sowie unsere Online- und Social Media-Präsenz zuständig. Mein Büro liegt direkt bei Justizminister Limbach – man hat kurze Wege, das ist von Vorteil. Arbeitgebermarke und Nachwuchsgewinnung liegen aber außerhalb unseres Zuständigkeitsbereichs. Hier zeichnet Markus mit seinem Team verantwortlich.

Markus Ausetz: Im Gegensatz zu einem Wirtschaftsunternehmen haben wir als Justiz wiederum den Vorteil, dass wir kein Produktmarketing betreiben müssen. Wir müssen die Arbeit der Justiz nicht verkaufen, sondern sie erklären, sie transparent machen. Im Bereich der Nachwuchsgewinnung sind wir allerdings ein Wettbewerber der Unternehmen im freien Markt. Wir bilden im Jahr über 1.000 Menschen in Ausbildungsgängen und im Dualen Studium aus. Dazu stellen wir eine Vielzahl fertig ausgebildeter Menschen ein, etwa Ärzt:innen, Pflegepersonal und Jurist:innen im Vollzug, Richter:innen, Staatsanwält:innen usw. – jede Menge Menschen. Und da tummeln wir uns auf dem Markt der Fachkräfte und auch der Schulabgänger:innen, die wir für Ausbildungen oder ein Duales Studium bei uns gewinnen wollen.

Wie sind Sie genau aufgestellt?

Markus Ausetz: Unser Team in der Nachwuchsgewinnung im Ministerium umfasst rund sechs Leute plus die Kolleg:innen im Social Media-Bereich aus der Öffentlichkeitsarbeit, die dafür verantwortlich sind. Darüber hinaus findet die Nachwuchswerbung im Geschäftsbereich statt, d.h. die Amtsgerichte, die Oberlandesgerichte, die Staatsanwaltschaften und die Justizvollzugsanstalten machen selbst Nachwuchswerbung vor Ort, besuchen Messen und sind im Recruiting aktiv, während wir übergreifend für das Arbeitgeberimage zuständig sind und am Employer Branding arbeiten. Dafür nutzen wir auch haptische Werbeträger.

Unsere Arbeitgebermarke ist Teil unseres Employer Brandings, mit dem wir versuchen, die Justiz als attraktive Arbeitgeberin am Markt zu positionieren und aufzuzeigen, warum es toll ist, zur Justiz zu kommen – oder warum, wie der Minister immer sagt die Justiz NRW „die beste Arbeitgeberin der Welt“ ist.

Zusammenhalt und jede Menge Motivation zeigte das Team der Justiz NRW beim diesjährigen B2Run in Düsseldorf.

Wie unterscheidet sich die Arbeitgebermarke Justiz NRW vom Bereich Öffentlichkeitsarbeit und den dort verwendeten Werbebotschaftern? Wer zeichnet für die Gestaltung der Artikel verantwortlich?

Joachim Klein: In der Nachwuchsgewinnung begleitet uns eine Agentur, die für uns die Arbeitgebermarke entworfen hat. Die Marke hat ein eigenes, vornehmlich gelb gehaltenes Design, während wir uns in der Öffentlichkeitsarbeit streng am NRW-Design orientieren. Dazu gehören bestimmte Farbvorgaben, Schriftarten und -größen. Insgesamt sind wir in diesem Bereich farbenfroher unterwegs und nutzen gern die Landesfarben Grün, Weiß und Rot. In den Social Media-Kanälen setzen wir ebenfalls das jeweilige Branding um und grenzen die Inhalte auf dem Kanal zur Nachwuchsgewinnung klar in dem von der Agentur entwickelten gelben Design ab.

Markus Ausetz: In puncto Social Media fahren wir tatsächlich zweigleisig: Einerseits gibt es den Öffentlichkeitskanal mit politischen Botschaften und kommunikativen Maßnahmen von Justiz NRW und andererseits den Karrierekanal, auf dem wir präsentieren, was unsere Fachhochschulen und unser Ausbildungszentrum machen, welche Jobs wir anbieten und wo insgesamt alles aufs Personalmarketing ausgerichtet ist. Unser Look and Feel ist grundsätzlich Schwarz-Weiß mit Gelb – Farben, die sich in der Gestaltung der Posts ebenso wiederfinden wie in unserer haptischen Werbung.

Die hier umgesetzten Artikel sind aber nicht zwingend nur für die Außenkommunikation gedacht. So haben wir u.a. gelbe Socken und Mousepads intern für die Mitarbeitenden eingesetzt, um die Werte der konzipierten Arbeitgebermarke – Verantwortung, Sicherheit, Vielfalt, Loyalität und Gerechtigkeit – erst einmal nach innen zu tragen und aufzuzeigen, wofür die Justiz NRW als Arbeitgeberin steht.

Sorgfältig ausgewählt und mit individuellen Sprüchen versehen, die oft mit einer Extraportion Humor die Themen Justiz und Vollzug aufgreifen: die Präsente des Bereichs Öffentlichkeitsarbeit der Justiz NRW.

Für welche externen Kommunikationszwecke setzen Sie haptische Werbeträger ein? Was passiert mit den Artikeln in Schwarz-Weiß-Gelb?

Markus Ausetz: Besonders umfangreich ist unser Werbeartikeleinsatz auf Messen. Unsere Gerichte vor Ort, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten sind auf zahllosen Ausbildungsmessen unterwegs – von der Schulmesse in einer lokalen Gesamtschule über städtische Messen bis hin zu überregionalen Formaten mit großer Strahlkraft wie der Rehacare oder der queeren Karrieremesse Sticks & Stones. Hier ist hingegen der Geschäftsbereich mit zahlreichen Mitarbeitenden zuständig, die auf den Messen Giveaways von Trinkflaschen bis hin zum Jutebeutel einsetzen.

Joachim Klein: Uns ist an dieser Stelle wichtig, dass insbesondere die jungen Leute aus dem Geschäftsbereich auf den Messen präsent sind und dort für Justiz NRW Werbung machen – die ehemaligen Auszubildenden, die nun selbst nach Nachwuchskräften suchen und mit den Ausbildungsleitenden vor Ort sind. Das kommt gut an und ist authentisch. Unsere Teams sind auch bei Events wie dem B2Run in Düsseldorf oder dem NRW-Tag in Köln präsent – hier besonders aufwendig mit Gewinnspielen, einer Ausstellung zur Knastkulturwoche, einem selbst gestalteten Escape Room u.v.m.

Markus Ausetz: Zudem treten Gerichte oft zusammen mit dem Justizvollzug auf, auch, weil dieser mit uniformierten Mitarbeitenden ein gutes Bild abgibt. Wir sind um Vollständigkeit bemüht: Wenn es um Berufe in der Justiz geht, denken die Leute oft zunächst an den Richter in seiner Robe und vielleicht noch an den Vollzugsbeamten. Aber die ganze Vielfalt an Berufen, von Ärtz:innen, dem Krankenpflegepersonal, Sozialarbeiter:innen und Wachtmeister:innen bis hin zu Rechtspfleger:innen und Justizfachangestellten, ist nicht immer sichtbar. Auch das Justizministerium besteht zu einem großen Teil aus Menschen aus dem Geschäftsbereich –ich selbst z.B. bin ja von Haus aus Richter.

In Ihrem Jurastudium hätten Sie sich wahrscheinlich nicht zwingend ausgemalt, dass Sie sich mal mit dem Werbepotenzial von gelben Socken beschäftigen …

Markus Ausetz: Genau das macht ja aber das Arbeiten hier spannend und ist Teil unserer „Verkaufstaktik“ gegenüber jungen Bewerbenden, denen wir vermitteln wollen: Der Job ist vielseitiger, als du denkst. Am Ende macht man Dinge, mit denen man in der Ausbildung nicht gerechnet hätte. Ich habe z.B. europäische Projekte geleitet, für die ich durch die Welt gereist bin – eine von vielen Aufgaben, die ich mir nicht vorstellen konnte, als ich mich für das Richteramt entschieden habe.

Daran knüpft Ihre neueste Karrierekampagne an, richtig?

Markus Ausetz: Auf die Kampagne „Wir sind die Justiz NRW“ sind wir sehr stolz, da sie großen, sehr positiven Widerhall in der Kolleg:innenschaft und darüber hinaus gefunden hat. Für die Kampagne erzählen 13 Personen aus der Justiz ihre Geschichte – einfach im weißen T-Shirt gekleidet und großformatig in Schwarz-Weiß fotografiert, damit der Mensch im Fokus ist und nicht die Berufsbekleidung bzw. die Uniform. Da ist alles dabei – vom Werdegang als Geflüchteter aus Afghanistan hin zum Dolmetscher am Gericht oder der Alltag einer zweifachen Mutter als Justizwachtmeisterin.

Das Ganze tourt als Fotoausstellung durchs Land, zudem gibt es eine Broschüre, und die Porträts sind auf der Karrierewebsite zu finden. Die Aktion kommt deshalb so gut an, weil sie die Justiz nahbarer macht und die vielen menschlichen Facetten der unterschiedlichen Berufe aufzeigt.

Unser Slogan für die neuesten Auftritte ist „Mit uns was bewirken“. Das ist das, was die vielen unterschiedlichen Berufsgruppen vereint. Wir verkaufen nicht nur irgendein Produkt, wir sind ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft. Natürlich gibt es einzelne, berufsspezifische Aktionen, aber der Slogan fasst die Justiz NRW insgesamt als Arbeitgeberin zusammen und zeigt unsere Stärke auf.

Joachim Klein: Der Gedanke, etwas für den Zusammenhalt der Gesellschaft zu tun, macht unsere Berufe aus und macht sie attraktiver gegenüber anderen in der freien Wirtschaft, die eventuell besser bezahlt sein mögen, aber nicht dasselbe sinnstiftende Potenzial haben. „Job mit Sinn“ war tatsächlich der erste Slogan für die Nachwuchssuche.

Gute Stimmung bei den Angehörigen der Justiz NRW: Erstmals nahm das Ministerium am CSD in Düsseldorf teil – mit am Stand war u.a. Markus Ausetz (r), der mit dem Team regenbogenfarbene Giveaways verteilte.

Bei der großen Bandbreite an Berufen im Justizministerium scheint in der Öffentlichkeitsarbeit zumindest bei den Werbebotschaftern der Justizvollzug im Vordergrund zu stehen.

Joachim Klein: Das stimmt zum Teil. Die Artikel aus dem Knast, wie wir sie liebevoll nennen, sind zweifellos interessant, und wir lassen tatsächlich vieles in Justizvollzugsanstalten produzieren, in erster Linie in der JVA Geldern. Dazu gehören u.a. Druckartikel wie Notizblöcke und Kalender, die wir intern für die gesamte Justiz verwenden. Die Abteilungen können die gewünschten Artikel aus den Werkstätten der Vollzugsanstalten online im Knastladen unter www.knastladen.de bestellen.

Großbestellungen wie die Kalender, die jährlich in einer Auflage von bis zu 30.000 Stück zum Einsatz kommen, sorgen dafür, dass die Inhaftierten immer gut zu tun haben – eine sinnvolle Aufgabe. Besonders beliebt als Präsent sind auch unsere Notizbücher, die wir in der Buchbinderei der JVA Bochum herstellen lassen – unter Verwendung aussortierter „Knastbettwäsche“. Versehen mit dem Schriftzug „Frisch bezogen“ greifen die Bücher das Thema mit einem Augenzwinkern auf und kommen so sehr gut an.

In der Kommunikation scheinen Sie häufiger aufs Augenzwinkern zu setzen.

Joachim Klein: Das ein oder andere Wortspiel haben wir in der Gestaltung eingebaut, ja. Das ergibt sich oft spontan im Team, und wir haben die Erfahrung gemacht, dass Humor beim Thema nicht schadet, sondern im Gegenteil authentisch rüberkommt und die Artikel attraktiver machen kann. Ein Beispiel sind unsere Haftnotizen: Der Würfel mit Klebezetteln und Indexmarkern ist praktisch und im Klappformat macht er sich gut auf dem Schreitisch, aber die Aufschrift verleiht ihm eben noch das gewisse Etwas. Ebenso bei den Pastagraphen: Als Nudeln in Paragraphenform gehören sie zu den außergewöhnlicheren Präsenten bei uns, inhaltlich passend mit dem Zusatz „Fristgerecht kochen“ versehen. Bei unserer Trinkflasche bot sich ein „Recht durstig“ an, beim To-go-Becher „Der Kaffee am Morgen ist unantastbar“, und unsere Brausetabletten haben natürlich „Nur legale Inhaltsstoffe“.

Neben Standardartikeln vom Notizblock bis hin zum Kugelschreiber tritt die Justiz NRW gern mit Ausgefallenem auf – wie individuellen Brausetabletten als Messegiveaway.

Wie sieht es mit Werbebotschaftern jenseits des Vollzugs aus?

Joachim Klein: Zur breiten Produktpalette, die wir im Marketing einsetzen, gehören einige hochwertige Präsente wie z.B. der To-go-Becher aus Porzellan von Mahlwerck oder eine Edelstahltrinkflasche, die wir mit Partnern in der Werbeartikelbranche umsetzen und z.B. für Gewinnspiele nutzen. In meinem Referat werden zudem alle Broschüren des Ministeriums hergestellt, ein wichtiger Bestandteil unserer Öffentlichkeitsarbeit. Das sind allein 44 verschiedene Printartikel, die man kostenfrei über unsere Plattform bestellen kann – in der Regel mit Informationen zu Rechtsthemen wie Versorgungsrecht, Betreuungsrecht, Strafrecht, Schöffentätigkeit, Ehrenamt etc.

Wir stellen darüber hinaus Artikel bereit, die z.B. auf Messen eingesetzt werden. Natürlich nur Messen jenseits des Ausbildungsbereichs, der ja mit den Nachwuchsartikeln im gelben Branding bespielt wird. Insgesamt macht der Messe- und Eventbereich einen großen Teil unseres Werbeartikeleinsatzes aus – wir reden hier von über 300 Präsenzen pro Jahr. Jenseits der Ausbildungsmessen besuchen wir z.B. Tagungen mit Anstaltsleitern oder externen Sozialverbänden, für die wir dann eventbezogene Giveaways wie u.a. individuell bedruckte Blöcke und Kugelschreiber mitbringen.

Das klingt nach vielen Artikeln besonders im Printbereich.

Joachim Klein: Unsere Infobroschüren sind stark nachgefragt, auch wenn in den letzten Jahren weniger bestellt wurden. Doch gerade hier sehen wir die Notwendigkeit, Artikel zu produzieren und den Leuten etwas an die Hand zu geben.

Markus Ausetz: Dasselbe gilt für die Nachwuchsgewinnung: Man sollte meinen, dass bei der jungen, digitalaffinen Zielgruppe ein QR-Code auf einem Messebanner ausreicht, um Informationen zu transportieren, aber wir haben festgestellt, dass es viel besser ankommt, den Code auf Postkarten oder anderen Giveaways umzusetzen, und Karte, Block o.Ä. auf Messen mitzugeben. So ist man bei den Adressaten an der Pinnwand, auf der Küchenzeile oder am Schreibtisch präsent, und der Code wird eher genutzt bzw. die Website dann besucht.

Joachim Klein: Selbst bei Inhalten, die wir so 1:1 auf unserer Website haben, wie Informationen zu den einzelnen Berufen, reicht es nicht, nur aufs Digitale zu setzen. Der Geschäftsbereich hat sich gemeldet und explizit angefragt „wir brauchen etwas Haptisches“, sodass wir eine Broschüre zu allen Berufen produziert haben.

Manche Themen bleiben einfach stark nachgefragt wie unser aufwendig umgesetztes Infoheft zum Betreuungsrecht, das wir in einer Auflage von 20.000 Stück pro Jahr herstellen. Das muss immer nachgedruckt werden. Sehr beliebt sind darüber hinaus unsere Publikationen in leichter Sprache, die wir für ein barrierefreies Angebot führen. Den Druck aller Info- und Werbematerialien im Printbereich setzt die JVA Geldern um.

Die Werbebotschafter für die Nachwuchsgewinnung kommen im eigenen schwarz-weiß-gelben Branding und sollen die Werte der Justiz als Arbeitgeberin nach innen und außen transportieren. Als Präsent für Mitarbeitende kamen die Socken besonders gut an.

Wie wählen Sie Ihre Lieferanten für die Werbebotschafter aus, die Sie nicht in den Vollzugsanstalten produzieren?

Joachim Klein: Wir haben ein Messelager bei der JVA Köln, in dem alle von der Justiz NRW eingesetzten Werbeartikel sowie Messematerial und -möbel gelagert werden. Hier werden Bestandslisten geführt und Artikel nachbestellt, wenn die Bestände unter 200 Stück fallen. Bei der Bestandsprüfung entscheiden wir auch, was gut ankam und in Neuauflage produziert werden soll oder was noch eingesetzt werden könnte. Dann gucken wir: Was ist im Vollzug herstellbar, und was müssen wir fremdausschreiben. Wie in der Verwaltung üblich, werden die Artikel dann per Ausschreibungsverfahren beschafft. Der Auftrag geht an die Lieferanten, die das beste Angebot machen. Hier sage ich bewusst das Beste, nicht das Billigste – es muss wirtschaftlich sein und am besten zu den vorgegebenen Kriterien passen. Dementsprechend können die Anbieter durchaus wechseln.

Markus Ausetz: Dass wir nicht einfach z.B. neue Kugelschreiber aus einem Katalog auswählen und bestellen können, ist eben das Besondere am öffentlichen Dienst. So etwas wie Schreibgeräte mit Gravur können wir in der JVA nicht selbst herstellen, sondern müssen ein Angebot deutschlandweit oder europaweit ausschreiben. Dasselbe gilt auch für die Agentursuche. Ziel dieses Verfahrens ist eben, schonend mit den öffentlichen Geldern umzugehen, wir sind den Steuerzahlenden verpflichtet.

Natürlich könnte man sich an dieser Stelle fragen, warum eine öffentliche Verwaltung überhaupt Geld ausgibt, um Bürger:innen Giveaways mitzugeben. Wir machen ja kein Produktmarketing. Die Leute können sich bei einem Rechtsstreit oder einer Erbsache nicht an irgendeinen Mitbewerber wenden – unsere Leistungen sind verpflichtend und monopolistisch, sodass wir strenggenommen keine Werbemaßnahmen bräuchten. Aber für uns ist entscheidend, der Justiz NRW ein sympathisches Gesicht nach außen zu geben und die Justiz nicht als seelenlosen Apparat dastehen zu lassen – darauf zahlen diese Maßnahmen ein.

Unsere nahbare Seite haben wir dieses Jahr u.a. beim CSD in Düsseldorf zeigen können, bei dem wir zum ersten Mal mit einem Stand mit entsprechend regenbogenfarben gebrandeten Giveaways präsent waren. Dadurch haben sich viele positive Gespräche vor Ort gegeben, was wieder klar zeigt, dass ein gutes Image der öffentlichen Verwaltung das Vertrauen der Menschen in uns stärkt.

Für „100 Tage – 100 Taschen“ erstellten Insassinnen 100 Taschenmodelle komplett individuell aus Upcyclingmaterialien. Kunstaktionen wie diese fördern die Sichtbarkeit und Selbstwirksamkeit im Vollzug. Auch die Filzpantoffel Ferdi gehört zu den meist verkauften Produkten im Knastladen. Im Online-Shop sind Artikel aus den JVA-Werkstätten erhältlich.

Jenseits der Print- und Werbeartikel bietet der Knastladen eine Vielzahl von Dekorativem bis Nützlichem für Haus und Garten und bringt so ebenfalls die Justiz auf positive Art in den Alltag.

Joachim Klein: Den Knastladen habe ich vor über 20 Jahren mit der Fachabteilung konzipiert, um die verschiedenen Vertriebskanäle zusammenzuführen und eine zentrale Stelle für die in den Werkstätten des Vollzugs hergestellten Produkte zu schaffen. Hier entstehen ganz unterschiedliche Artikel vom Heimtierhaus über Gartendeko bis hin zu Büromöbeln – das reicht vom Praktischen hin zu kreativen Kunstwerken und ist ein wichtiger Faktor in der Therapie und Selbstwirksamkeit der Inhaftierten.

Dieses Jahr findet darüber hinaus zum vierten Mal die Knastkulturwoche statt, in denen die verschiedenen Kunstprojekte der Initiative Knastkultur der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dazu zählen Theateraufführungen ebenso wie die Präsentation von Gemälden und Skulpturen. „Sichtbar sein“ ist das aktuelle Motto – was die Bedürfnisse der Inhaftierten ebenso gut zusammenfasst wie unsere Bemühungen in der Öffentlichkeitsarbeit.

Mit Markus Ausetz und Joachim Klein sprach Claudia Pfeifer.