Sie machen sich Gedanken, welche Überraschungen ins McDonald’s Happy Meal und in die Kartons der Kellogg’s Frühstücksflocken kommen: die kreativen Köpfe von Creata. Die auf vier Kontinenten vertretene Agentur entwickelt weltweite und lokale Promotion-Kampagnen für ihre Kunden.
HAPTICA® Magazin sprach mit Tanja Bloch, Senior Vice President Creata Germany, über FOMO-Effekte und Merch-Trends, den Fit von Cornflakes und Star Wars-Leuchtlöffel und die Bedeutung des Spielens für die Aktivierung von Zielgruppen.
Creata hat schon für international renommierte Marken wie McDonald’s, Aral, Mars oder Coca-Cola Promotions entwickelt. Warum kommen diese Weltkonzerne zu Ihnen?
Tanja Bloch: Wir sind eine Agentur, die immer in beide Richtungen denkt: maßgeschneiderte Produkte und einzigartige Erlebnisse. Als 360°-Partner übernehmen wir alles von der Idee bis hin zu Ausführung und Produktion. Unsere Strategen, die aktuelle Trends in Konzepte für Promotions übersetzen, sind weltweit aufgestellt und steuern globale Kampagnen, und unsere Kreativteams, Illustratoren oder Ingenieure in der Produktentwicklung sind über die ganze Welt verteilt, von Australien über Asien bis Amerika. Wir konzipieren aber auch sehr viele lokale Aktionen und setzen Ideen hier in Deutschland um, für deren Produktentwicklung wir auf unsere internationalen Teams zurückgreifen. Unser Engineering-Team stellt sicher, dass ein Design umsetzbar ist und den Richtlinien entspricht – wenn es um Spielzeug für Kinder geht, steht die Produktsicherheit an erster Stelle –, kümmert sich um die Einhaltung aller relevanten Zertifikate und die gesamte Supply Chain inkl. der passenden Produktionsstätten unter Berücksichtigung der Kostenstruktur.
Aral hat dieses Jahr sein hundertjähriges Firmenjubiläum mit einem großen Gewinnspiel begleitet, das Ihre Agentur konzipiert und durchgeführt hat. Was waren Ihre Aufgaben?
Die Planung begann eineinhalb Jahre vor dem Jubiläum mit einem Workshop. Das Hauptanliegen von Aral war es, den Kunden etwas zurückzugeben, sich für die Treue zu bedanken. Daher haben wir einen attraktiven Preispool mit einer hohen Gewinnwahrscheinlichkeit zusammengestellt, haben anschließend die Lose produziert und uns um die Zusammenstellung der Preise gekümmert.
Bei solch großen Gewinnspielen mit über 100.000 Preisen muss die Logistik perfekt funktionieren, um die Gewinne reibungslos auszuliefern. Eine unserer Stärken ist, dass wir viel Erfahrung im Bereich Fulfillment haben – wir haben ähnliche Aktionen bereits zuvor für McDonald’s und auch für Aral mit den Monopoly-Gewinnspielen durchgeführt.
Nach welchen Kriterien haben Sie die Preise zusammengestellt?
Aral hat ein breites Portfolio an Zielgruppen in Bezug auf Alter, Interessen und soziale Milieus. Wir haben uns diesen Mix angeschaut und überlegt, welche USPs wir bedienen können. Bei den Merchandising-Produkten war das Ziel, die Marke Aral zu feiern und mehrere Aspekte abzudecken.
Zunächst wäre da der Kultfaktor, der bei so einem Jubiläum eine große Rolle spielt. Daher haben wir uns gefragt: Was sind Ikonen der letzten Jahrzehnte? Schon in den ersten Workshops kam der Wackeldackel ins Spiel. Wir haben das dann weitergedacht, und so sind wir bei Plüschwürfeln und Fuchsschwanz-Schlüsselanhänger gelandet – alles mit einem Augenzwinkern, aber außergewöhnlich.
Den Aspekt, dass man bei einem Jubiläum zurückblickt und sich erinnert, haben wir dann in einer Aral-Kollektion umgesetzt, die den Retro-Trend der Modewelt aufgreift. Collegejacken und Messenger-Bags repräsentieren eine vergangene Zeit, aber mit Looks, die heute wieder gern getragen werden. Diese Teile kamen auch bei der jüngeren Generation gut an.
Ein weiterer Aspekt war der Convenience-Bereich. Aral ist mehr als nur eine Tankstelle, es ist ein Convenience-Hub: bei Rewe to go kann man einkaufen und im Petit Bistro Kaffee trinken. Darum machen der Aral-Thermobecher oder die Kühltasche absolut Sinn. Sie bedienen Bedürfnisse der Kunden.
Dann haben wir noch das Thema „Alles rund ums Auto“. Autoaffine Produkte wie Kofferraumtaschen und Brillenputztücher passen hier sehr gut. Die Sachen bleiben im Auto, und so ist die Marke dort immer präsent. Einen besseren Werbeträger kann man nicht haben, um eine Marke im Alltag zu verankern.
Welche Ziele hat Aral mit der Kampagne verfolgt?
Mit dem Gewinnspiel hat jeder Kunde die Chance, ein exklusives Stück der Marke zu ergattern. Im Kern geht es darum, mit den Produkten ein besonderes Markenerlebnis zu schaffen. Wir haben sie so konzipiert, dass sie für Fans von Aral identifikationsstiftend sind. Eine Limited Edition erzeugt zudem einen FOMO-Effekt: Diese Produkte gibt es nur während der speziellen Aktion. Das motiviert die Kunden dazu, bei der Aktion mitzumachen und Aral-Tankstellen aufzusuchen. Frühere Aktionen zeigen, dass limitierte Produkte auf eBay später hohe Preise erzielen. Aber letztlich geht es um Markenwahrnehmung und um die Sales-Steigerung. Doch das funktioniert nur, wenn Design und Qualität stimmen.
Sie entwickeln schon seit Längerem auch die Beigaben für die McDonald’s Happy Meals und für Kellogg’s Cerealien. Wie haben sich diese Beigaben im Laufe der Jahre verändert?
Nachhaltigkeit ist hier ein ganz wichtiger Punkt. Das kann sich in verschiedenen Formen ausdrücken – sei es im Material selbst oder in der Nachhaltigkeit des Spielwerts. Wir haben gemeinsam mit den Kunden Konzepte entwickelt, die sich an dieser Zielsetzung orientieren. Das ist insbesondere in Märkten wie Deutschland und Österreich sehr gefragt, aber für Kellanova haben wir auch nachhaltige Beigaben für den US-Markt produziert, bei denen der CO2-Fußabdruck reduziert wurde, indem wir sie nicht in Asien, sondern in Südamerika hergestellt haben. Die Produktionsketten gewinnen beim Thema Nachhaltigkeit immer mehr an Bedeutung.
Für den deutschen Markt, insbesondere beim McDonald’s Happy Meal, setzen wir vermehrt auf langlebige und hochwertige Produkte wie z.B. Brett- und Kartenspiele oder auch Bücher. Diese Produkte erfüllen nicht nur den Zweck einer kurzfristigen Beigabe, sondern haben einen langfristigen Nutzen. Die Brettspiele konzipieren wir als Promotionausgaben bekannter Titel gemeinsam mit namhaften Marken wie Ravensburger und Schmidt-Spiele. Diese exklusiven Spiele werden an die Bedürfnisse unserer Kunden angepasst und dann von uns produziert. Titel wie Mensch ärgere dich nicht sind echte Klassiker und sorgen für Spielspaß über die Generationen hinweg. Bücher tragen außerdem zur Leseförderung bei, was angesichts aktueller Studien, heutzutage ein wichtiger Aspekt ist. McDonald’s integriert Bücher schon seit über zehn Jahren sehr erfolgreich in seine Happy Meals. Auch Schleich-Figuren sind ein gutes Beispiel für Happy-Meal-Beigaben, die langlebig sind und einen hohen Spielwert haben. Im Vergleich zum typischen Plastikspielzeug, sind solche Produkte viel nachhaltiger und bieten eine andere Spielerfahrung. Die Schleich-McDonald’s-Kooperation war ein grandioser Erfolg, der mit einem Award gekrönt und mehrfach mit verschiedenen IPs wiederholt worden ist.
Worauf muss man achten, damit die Beigabe zum Produkt passt und gleichzeitig die Zielgruppe anspricht?
Grundsätzlich basiert alles auf drei wichtigen Faktoren: Zielgruppen-Fit, Produkt-Fit und Budget-Fit. Manchmal kommt als weitere Ebene eine bestehende oder geplante Lizenzkooperation hinzu.
Natürlich muss die Beigabe zum Produkt passen. Ein gutes Beispiel ist der Kellogg’s Star Wars-Leuchtlöffel. Das war eine geniale Kombination aus einem praktischen Produkt, das man benutzen konnte, um seine Cerealien zu essen, und einer beliebten Lizenz, die perfekt transportiert wurde. Der Löffel leuchtete wie ein Lichtschwert, ein wesentliches Element der Lizenz-DNA von Star Wars. Diese Idee war so erfolgreich, dass wir sie über mehrere Jahre in verschiedenen Ländern umgesetzt haben.
Lizenzen können herausfordernd, aber auch vorteilhaft sein, da sie neue kreative Möglichkeiten eröffnen. Oft bitten Kunden uns auch um Beratung bei der Auswahl der Lizenz. Einer unserer Vorteile ist, dass wir nicht auf ein bestimmtes Lizenzportfolio festgelegt sind und wir mit allen großen Lizenzagenturen zusammenarbeiten. Um neutrale Einschätzungen und fundierte Empfehlungen zu geben, nutzen wir Daten, z.B. von Brand Tracker. Dadurch können wir genau sagen, welche Marke zu welchem Lizenzthema passt.
Happy Meal-Spielzeug für Kinder und Aral-Merch für erwachsene Autofahrer: Wo sehen Sie einen Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen Zielgruppen?
Letztlich geht es bei allen Verkaufsförderungsmaßnahmen darum, die Kunden zu begeistern. Wenn wir die Kunden begeistern, dann kaufen sie das Produkt nochmal oder kommen wieder. Am einfachsten funktioniert das mit dem, was jeder gerne macht: dem Spielen. Spielen verbindet und funktioniert generationenübergreifend, egal ob Großeltern und Enkel oder in einer Gruppe von Studenten. Spielen ist interaktiv und kann Wissen vermitteln, Spielen macht neugierig und erlaubt, Dinge auszuprobieren. Und ganz wichtig: Spielen weckt Emotionen und motiviert zu Handlungen. Wenn man als Beigabe z.B. ein Los bekommt, mit der Chance etwas zu gewinnen, dann holt man sich vielleicht auch ein zweites Produkt, um ein weiteres Los zu bekommen. Das sehen wir bei den Monopoly-Aktionen von McDonald’s oder dem Aral-Jubiläumsgewinnspiel.
Besonders dort, wo der Wert eines Produkts gut erkennbar ist, schafft das positive Erfahrungen. Das funktioniert über alle Zielgruppen hinweg, man muss nur das jeweils passende Produkt finden.
Was sind aktuelle Trends im Bereich Merchandising?
Nicht wirklich neu, aber weiterhin wichtig im Markt ist auch hier das Thema Nachhaltigkeit. Bei der Verkaufsförderung spielt der CO2-Fußabdruck eine Rolle, und wir haben alle eine große Aufgabe zu bewältigen.
Nachhaltigkeit ist für uns schon lange ein Thema. Bereits 2010 haben wir für Coca-Cola Fußbälle aus recycelten Colaflaschen hergestellt. Für den Keksfabrikanten Little Brownie Bakery haben wir Merchandising-Produkte entwickelt, die zu 50% aus recyceltem Plastik und zu 50% aus Papier bestanden. Vor zwei Jahren haben wir für die Retail-Stores von Mars wiederverwendbare Container aus recyceltem Plastik eingeführt, in die man M&Ms abfüllen kann. Die Herausforderung bestand darin, das Recycling-Material lebensmittelecht herzustellen. Auch wenn wir Papierprodukte herstellen, versuchen wir immer, diese in Europa zu produzieren, auch wenn es in Asien oft günstiger wäre. Wir versuchen immer unsere Kunden davon zu überzeugen, gegebenenfalls ein wenig mehr zu investieren, weil solche Projekte im Sinne des Umweltschutzes absolut notwendig und zukunftsweisend sind.
Ein großer Teil unserer Bemühungen betrifft die Verpackungen. Früher wurden Happy-Meal-Spielzeuge immer in Plastik verpackt. Mittlerweile hat McDonald’s auf Papierverpackungen umgestellt. Auch die Promotion-Beigaben selbst werden vermehrt aus nachhaltigen Materialien hergestellt und sind zudem langfristig nutzbare Produkte, die einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen fördern
Ein weiterer Trend sind Markenkooperationen, mit denen sich Reichweite enorm steigern lässt. Ein globales Beispiel, das ich sehr interessant finde, ist die Zusammenarbeit von Crocs und Pringles. Die Idee, eine Halterung für eine Pringles-Verpackung auf Crocs-Schuhen anzubringen, ist grandios und hat sofort Aufsehen erregt. Auch die EM-Trikots von Puma für Check24 zeigen, wie eine gelungene Kampagne Sichtbarkeit schafft. Egal ob Brand-Kooperation oder lizenzgetriebenes Produkt: Das Potenzial von Merchandising ist riesig. Wenn die Produkte Ausdruck eines Lifestyles sind, will man sich mit ihnen auf Social Media präsentieren – damit werden Marken sichtbar.
Personalisierung liegt ebenfalls im Trend. Das sehen wir im privaten Bereich auf Plattformen wie Etsy, aber das lässt sich auf Marken und Produkte übertragen. Besonders im HR-Bereich ist das ein toller Ansatz zur Mitarbeiterwertschätzung.
Dann ist auch alles, was unter das Schlagwort Mixed Reality fällt, ein enorm wichtiger Bereich, den wir seit 2015 vorantreiben. Das bedeutet, physische Produkte mit digitalem Mehrwert zu verbinden, um über einen Trigger am Produkt die Marke in 3D erlebbar zu machen. Für Mattel haben wir ein Kartenspiel mit Feuerwehrmann Sam entwickelt. Die Spieler können über eine App Feuerwehrmann Sam virtuell ins Wohnzimmer holen und zusätzliche Spieloptionen freischalten. Das Erlebnis wird interaktiver, was die Markenbindung deutlich stärkt – und es lässt sich perfekt in sozialen Medien teilen. Augmented Reality ist vielfältig einsetzbar und eine tolle Möglichkeit, um digitale Inhalte mit klassischen Produkten zu verknüpfen.
Welche Bedeutung haben Spielzeug, analoge Spiele und generell haptisch greifbare Produkte für das Marketing in einer zunehmend digitalen Welt?
Grundsätzlich bietet die haptische, fühlbare Auseinandersetzung mit einer Marke ein nachhaltigeres Markenerlebnis. Allerdings muss die digitale Welt nicht ausgeschlossen werden. Es kann eine Koexistenz geben, und ich denke, es wäre fatal, den Zeitgeist zu ignorieren. Vielmehr sollte man die neuen Chancen nutzen. Deshalb integrieren wir oft digitale Elemente in haptische Produktkonzepte wie Bücher oder Kartenspiele. So entstehen spannende Kombinationen aus analog und digital, die zusätzliche Angebote schaffen. Wir haben z.B. ein Dinosaurier-Buch für McDonald‘s Happy Meal produziert, bei dem man durch AR zusätzliche Details erlebt. Das hat auch Kinder angesprochen, die sonst vielleicht nie ein Buch in die Hand genommen hätten.
Im Marketing kann man mit physischen Produkten als Beigaben eine Differenzierung schaffen. Da gibt es viele Möglichkeiten. Es sollte nur nicht einfach irgendetwas sein, sondern eine Idee dahinterstecken, und der Artikel muss zum beworbenen Produkt passen. Das können einfache Dinge sein, wie eine coole Sonnenbrille oder Socken im Bierkasten. Ob man das dann noch mit digitalen Elementen kombiniert, ist eine andere Sache. Es geht vor allem darum, die richtige Mischung zu finden.
Im Sinne eines Marketing-Mixes ist es sinnvoll, in beide Richtungen zu denken: Haptische Beigaben mit digitaler Erweiterung oder umgekehrt. Zum Beispiel können Loyalty-Programme spielerische Elemente enthalten, wie eine digitale App mit Jump ‘n‘ Run-Spiel, bei dem man zusätzliche Punkte sammelt. Diese Punkte kann man dann gegen physische Produkte eintauschen. Am besten funktioniert das mit exklusiven Produkten, die nur über das Spiel erhältlich sind. Solch eine Exklusivität incentiviert den Kunden, das digitale Game zu spielen und sich mit der Marke auseinanderzusetzen.
Mit Tanja Bloch sprach Andreas J. Haller.
Bildquelle: Creata