Besonders in Köln ist Diamant Zucker für jeden ein Begriff – mit dem unverkennbaren Logo aus zwei Zuckerhüten, angelehnt an den Kölner Dom, ist die Zuckermarke seit Jahrzehnten in den Supermarktregalen präsent. Dahinter steckt Pfeifer & Langen – ein Unternehmen, das auf über 150 Jahre familiengeführte Firmenhistorie zurückblicken kann und nach der Erweiterung ab den 1990er Jahren inzwischen mit 24 internationalen Standorten, mehr als 2.500 Mitarbeitenden und rund 1,33 Mrd. Euro Umsatz zu den Top Zuckerherstellern Europas gehört.
Warum die Zuckerrübe ein nachhaltiges Multitalent ist, wie man die Jugend für eine „süße Zukunft“ begeistert und welche haptischen Verstärker den Haben-Wollen-Faktor auslösen, erklärt Britta Schumacher, Head of Corporate Communications & Marketing Europa, bei Pfeifer & Langen.
Frau Schumacher, Sie haben vor über fünf Jahren die Leitung in Marketing und Kommunikation bei Pfeifer & Langen übernommen. Ein klares Ziel: die Neupositionierung der Marke Diamant. Was war für Sie das größte Aha-Erlebnis in dieser Zeit?
Britta Schumacher: Als ich bei Pfeifer & Langen angefangen habe, dachte ich, es wird sich viel um das Image von Zucker drehen – wie Zucker inzwischen in der Gesellschaft gesehen wird und mit welchen Mythen wir aufräumen müssen. Was ich nicht erwartet habe, ist die unglaubliche Themenvielfalt rund um die Rübe – vom Agrarbereich über die Produktion bis hin zu unserer großen Produktpalette und den Einsatzbereichen von der Industrie bis zum Endverbraucher.
Hier gab es für mich viel zu lernen, denn obwohl ich im Rheinland in der Nähe von Rübenfeldern aufgewachsen bin, wusste ich vorher nicht, was für ein Multitalent die Zuckerrübe ist. Sie kann z.B. mit zu viel Feuchtigkeit ebenso umgehen wie mit Dürre, weil sie dank ihrer langen Wurzeln an untere Bodenschichten gelangt, während der Weizen schon lange vertrocknet auf dem Feld liegt. So beginnt mit jeder Rüben-Kampagne, also der Ernte- und Produktionshochzeit von September bis Januar, die Kommunikation agrarspezifischer Themen. In diesem Frühjahr war es ja z.B. besonders regnerisch, sodass sich die Aussaat der Rüben verzögerte, weil die Traktoren auf den extrem nassen Böden nicht fahren konnten. Auch diesen Themen widmen wir uns.
Und vom Feld geht es dann in die Fabrik?
Zu diesen landwirtschaftlichen Aspekten gesellt sich der komplexe Produktionsbereich: Die geernteten Rüben werden z.B. in unserem Werk in Jülich zerkleinert, und unter Verwendung von Wasser und Wärme gewinnen wir den Zucker aus der Rübe. Hier befindet sich aber vieles im Wandel, v.a. in Bezug auf die Nachhaltigkeit. So sind wir in unseren Werken aus der Braunkohle ausgestiegen und haben die Kessel auf Gas oder Holz umgestellt.
Zudem planen wir unsere erste Biogasanlage, in der wir Reste der Zuckerproduktion – die sogenannten Rübenschnitzel – einsetzen werden, um eine komplette Kreislaufwirtschaft zu erreichen und CO2-neutral zu produzieren. Erst im letzten Jahr wurden Rübenschnitzel als CO2-neutraler Brennstoff EU-weit in die Richtlinie für erneuerbare Energien aufgenommen – für uns der Startschuss in eine noch nachhaltigere Zukunft, in der wir spätestens 2040 CO2-neutral produzieren. Auch das ist ein spannender Themenbereich, der in Kommunikation und Marketing eine große Rolle spielt. Während andere es vage behaupten, können wir mit Überzeugung und Tatkraft sagen: Wir arbeiten nachhaltig.
Was genau macht die Rübe zum nachhaltigen Multitalent?
Bei der Zuckerrübe ist der Weg „Farm to Fork“ extrem kurz. So liegen unsere Fabriken inmitten von Rübenfeldern, das bedeutet kurze Transportwege von durchschnittlich 50 km. Zudem besteht die Rübe zu 75 % aus Wasser, das wir in der Produktion herausholen, um es dann komplett wieder zu verwenden. Wir sind daher für Verarbeitungsschritte wie das Waschen der Rüben nicht auf zusätzliches Wasser angewiesen und setzen zudem eben verstärkt auf erneuerbare Energien. Und jeder Teil der Rübe wird verwertet – bis hin zu den ausgepressten Rübenschnitzeln, die als Futtermittel eingesetzt werden. Wenn wir es schaffen, dass die Hälfte der Bevölkerung weiß, wie nachhaltig (unser) Rübenzucker ist, haben wir viel erreicht.
Worauf setzen Sie, um die Nachhaltigkeitsmessage rüberzubringen? Wie können Sie im Marketing diese Nachhaltigkeitsmessage nach außen tragen?
Wir haben unsere Marke Diamant Zucker im Jahr 2023 einem Relaunch unterzogen und wollen mit der Neupositionierung die nachhaltige Herstellung sichtbar machen, neue Zielgruppen gewinnen und die Marke für die Zukunft aufstellen. Aus dem „Kristallzucker“ wurde jüngst der „Rübenzucker“ mit der Betonung auf dem Naturprodukt, der heimischen Zuckerrübe. Das unterstreicht die Verpackungsgestaltung bis hin zu den grünen Illustrationen. Die Verpackung sieht aber nicht nur nachhaltiger aus, sondern besteht zu 20% aus Rübenfaser, die bei der Produktion abfallen. Das macht die Sache rund.
Passend dazu vermittelt eine neue Markenbotschafterin die entsprechenden Werte: Rita Rübe …
Ja, mit der Plüschrübe schicken wir ein sympathisches Maskottchen ins Rennen und zeigen auf einen Blick, dass es sich bei raffiniertem Zucker entgegen der populären Meinung nicht um ein künstliches, sondern um ein Naturprodukt aus einer heimischen Feldfrucht handelt. Oftmals heißt es nämlich heutzutage, dass man anstelle des sogenannten „bösen Industriezuckers“ auf Alternativen wie Rohrohrzucker setzen sollte. Dass Zuckerrohr am anderen Ende der Welt angebaut und verarbeitet wird und so im Vergleich zu unserem Rübenzucker einen riesigen CO2-Abdruck hat, wird dabei völlig ausgeklammert. Mit unserer Plüschrübe können wir Erwachsenen und auch Kindern ganz einfach vermitteln, woher unser Zucker stammt.
Sie leisten also quasi Aufklärungsarbeit für Ihren Rübenzucker?
In den letzten Jahren beobachten wir, dass der Trend hin zu bewussterer Ernährung zu einer breiten Palette an alternativen Zuckern geführt hat, die angeblich gesünder, kalorienärmer und nachhaltiger sind oder gar zusätzlichen Nährwert durch Mineralstoffe etc. bieten. Letztere sind in der Regel nur in sehr geringen Mengen enthalten, und Rohr- oder Kokosblütenzucker haben z.B. nicht nur einen viel größeren CO2-Verbrauch im Transport, sie haben auch genauso viel Kalorien wie Rübenzucker. Kalorienarme Stoffe wie Xylit mögen besser für die Zähne sein, wirken aber abführend.
Generell geht es beim Zuckerkonsum wie bei so vielen Dingen um das richtige Maß. Wer hier noch auf ein heimisches Produkt achtet, trifft auch für die Umwelt die richtige Wahl – das lässt sich schön mit unserer Plüschrübe aufzeigen.
Ist die Aufklärung bei Werksführungen oder Stadtfesten Ritas einziges Einsatzgebiet?
Wir sind ganz angetan, dass sich Erwachsene ebenso für unser Maskottchen begeistern können. Wir haben sie schon an Mitarbeitende und langjährige Partner als Präsent herausgegeben – mit sehr nettem Feedback, z.B. bei unseren Landwirten. Die sind ja eben stolz auf ihr Produkt und bringen ihre Rüben teils seit Generationen für die Zuckerherstellung zu uns. Wenn dann als kleine Geste eine Plüschrübe überreicht wird, kommt die schon mal als Begleitung vorne mit in den Traktor.
Bei den Mitarbeitenden hat Rita bereits einige Fans: Zuletzt hatten wir in der Kampagnenzeit einen Fotowettbewerb gestartet, bei dem Mitarbeitende in unserer neuen Firmen-App ihre schönsten Bilder aus dieser spannenden Zeit posten konnten. Für die Gewinner gab’s dann eine Plüschrübe. Witzig war, dass die Gewinner dann wiederum Bilder mit Rita Rübe gepostet haben. So entstand eine ganze Serie von Bildern mit der Plüschrübe auf Reisen, an verschiedenen Sehenswürdigkeiten, auf Erkundungstour durchs Feld, in der Produktion oder in Tagungsräumen – Rita ist immer mit dabei.
Welche Rolle spielt haptische Werbung generell im Marketing für Pfeifer & Langen? Ist die neue Figur Ihr einziger Werbeartikel?
Identifikation mit dem Unternehmen ist essentiell, besonders für ein familiengeführtes Unternehmen. Daher ist die Plüschrübe als gelungene Identifikationsfigur natürlich ein Glücksgriff für uns. Wir setzen auch jenseits von Rita Rübe bewusst auf Haptisches und achten bei der Auswahl darauf, dass die Artikel unsere Unternehmenswerte widerspiegeln.
Zuletzt gab’s zur Weihnachtszeit als Präsent für Mitarbeitende Baumschmuck von Pfeifer & Langen – einmal einen Anhänger in Form einer Zuckerrübe entsprechend dem neuen Auftritt und einmal in Form des klassischen Zuckerhuts aus unserem Logo. Hier fand ich neben der gelungenen Optik die Entstehungsgeschichte wirklich nett – Stichwort Identifikation: Über Kolleg:innen hatten wir erfahren, dass langjährige Mitarbeitende schon vor Jahrzehnten Baumschmuck aus echten Zuckerhüten von Pfeifer & Langen selbst gebastelt, also mit einem Häkchen den Zuckerhut an den Weihnachtsbaum gehängt haben. Das fanden wir so charmant, dass wir die Idee prompt für diese Sonderedition aufgegriffen haben. Schön war auch, dass wir hier mit dem Zuckerhut und der Rübe zwei sinnbildliche Themen aufgreifen konnten, die für unser Unternehmen prägend sind.
Gibt es weitere Beispiele für haptische Botschafter jenseits des Mainstreams?
Neben den gängigeren Werbeartikeln wie Jutebeuteln, Einkaufswagenchips, Malbüchern und Stiften, Regenschirmen oder USB-Sticks, die z.B. zu Messen und Events oder großen Hoffesten unserer Landwirte zum Einsatz kommen, haben wir über die Jahre so manches Ausgefallenes realisiert. Da z.B. unser 150-jähriges Jubiläum ins Pandemiejahr 2020 fiel, konnten wir keine große Feier ausrichten und haben stattdessen, quasi als Trostpflaster, eine hochwertige Blechdose im Nostalgiedesign für unsere Mitarbeitenden entworfen, damit etwas Bleibendes vom Jubiläum nach Hause kommt. Präsente sind hier für uns ein wichtiger Teil der Mitarbeiterkommunikation, ein haptisches Dankeschön als Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung.
Nach welchen Kriterien wählen Sie die Werbebotschafter aus?
Nachhaltigkeit und eine hohe Qualität sind natürlich entscheidend – Hauptsache günstig und aus Fernost würde nicht zur Marke und zu unseren Werten passen. Daher wählen wir ebenso wie in unserer Produktion langfristige Lieferantenpartner und schauen nicht, wie man möglichst mit neuen Herstellern pro Stück noch ein paar Cent sparen kann.
Weitere Punkte sind die inhaltliche Relevanz und ein gewisser „Haben-wollen-Faktor“. Es sollen schöne, alltagstaugliche Dinge entstehen, die man beim Event gerne mitnimmt oder noch über Jahre einsetzt – inhaltlich auf die Zielgruppe abgestimmt. So heben wir in unserer Arbeitgeberkommunikation u.a. unsere Kompetenzen als zukunftsgerichtetes Unternehmen hervor, um unser Profil als Arbeitgeber mit einer großen Vielfalt an Betätigungsfeldern zu schärfen. Durch die digitale Transformation auf dem Feld und in der Produktion gibt es bei uns z.B. viele Möglichkeiten, in technischen Berufen im Bereich Robotik und smarter Prozessteuerung zu arbeiten. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, kommunizieren wir diese Möglichkeiten u.a. auf großen Jobmessen und haben eine breite Palette an Werbebotschaftern mit im Gepäck, die gezielt für junge Auszubildende gestaltet sind – vom Turnbeutel über die nachhaltige Brotdose und Trinkflasche aus Edelstahl hin zum praktischen Gliedermaßstab oder der Taschenlampe. Die neuen Artikel tragen einen eigenen Schriftzug: „Echt süße Zukunft“.
Sprechen Sie auch andere Zielgruppen bewusst mit haptischen Botschaftern an?
In der Zielgruppenkommunikation achten wir immer auf die Trennung – wir haben ja zwei Absender, das Unternehmen Pfeifer & Langen und die Marke Diamant Zucker. Bei Pfeifer & Langen geht es hauptsächlich um die genannten Themenbereiche aus Agrarwirtschaft, Produktion und Produktentwicklung sowie um Mitarbeiterbindung und eben das Bewerben neuer Fachkräfte.
Bei der Marke Diamant steht die Ansprache der Endverbraucher im Fokus. Hier werben wir seit unserem 150. Jubiläumsjahr in 2020 mit dem Slogan „Glück ist homemade“: Eine Devise, die in der Corona-Pandemie gut zum DIY-Trend und der Besinnung aufs Tüfteln und Backen in den eigenen vier Wänden passte und sich im Anschluss leicht abgewandelt in „Glück ist natürlich homemade“ schön in unseren Relaunch mit dem Rübenzucker einfügt. Der Slogan kommt u.a. auf zeitgemäßen Artikeln für den Haushalt wie unserem Bienenwachstuch gut zur Geltung. Mit der neuen Verpackung haben wir außerdem eine Art Präsentbox für den Rübenzucker gestaltet, inklusive grünem Sizzle-Füllmaterial und „Glück ist natürlich homemade“ auf dem Karton. Die Box können wir z.B. nutzen, wenn Unternehmen aufgrund strikter Compliance-Vorgaben keine Werbeartikel annehmen dürfen. Eine Art „Probierpaket“ Zucker ist aber immer möglich.
Wie aktiv sind Sie in den sozialen Netzwerken?
Im letzten Jahr haben wir die Diamant Community gelauncht – eine Online-Community für Fans unserer Zuckersorten wie dem Puderzucker im praktischen Streuer, unseren Gelierzuckern oder unserem Zierschnee, der z.B. Marmorkuchen schön weiß bleibt. Dazu haben wir passende Artikel vom Ofenhandschuh und Frühstücksbrettchen über Keksstempel und Kochlöffel bis hin zur Schürze gestaltet. In der Community können treue Fans in Lieblingsrezepten stöbern und von Aktionen zur Back- oder Geliersaison profitieren. Darüber hinaus bieten wir exklusive eBooks mit Rezepten, die insbesondere bei der jüngeren Zielgruppe sehr gut ankommen sowie Online-Events mit Konditor:innen und Influencer:innen, u.a. mit der amerikanischen Back-Ikone Cynthia Barcomi.
Mit der Community ergeben sich für uns diverse Berührungspunkte mit Endverbraucher:innen über Social Media-Marketing – einschließlich der Möglichkeit, direktes Feedback für die Produkte der Diamant-Markenwelt zu erhalten. So können wir herausfinden, wie die neue Markenpositionierung und unsere Produktinnovationen tatsächlich ankommen.
Das sind viele Themen fürs Marketing. Wie ist Ihr Team aufgestellt?
In Marketing und Kommunikation sind wir mit einem kleinen aber schlagkräftigen Team hier in Köln sehr heterogen aufgestellt, um den diversen Aufgaben der deutschen und internationalen Standorte gerecht zu werden – von Redaktionellem im Social Media-Bereich über Pressearbeit und interne Kommunikation bis hin zu Werbeartikeln, Brand Marketing, Verpackungsgestaltung, Logoumsetzung etc. An unserem Standort in Polen haben wir wiederum ein eigenes Team, das u.a. die Verpackungen und Inhalte für Social Media auf den polnischen Markt anpasst.
Wir merken hier, dass die ganze Arbeit im Bereich Marketing und Kommunikation intensiver wird, um Themen wie Nachhaltigkeit im Unternehmen und Aufklärung über unsere Zuckersorten ebenso abdecken zu können wie Mitarbeiterkommunikation und unterstützende Maßnahmen für unsere Personalabteilung. Potenzielle neue Mitarbeitende legen viel Wert darauf, dass sie bei einem Unternehmen arbeiten, das nachhaltig agiert und sozial ist.
Also das Unternehmen als Sinnstifter, nachhaltig für die Zukunft positioniert?
Erst jüngst haben wir mit der „Aktion Glücksmomente“ eine Kampagne gestartet, um auf den Bereich Corporate Social Responsibility bei Pfeifer & Langen hinzuweisen: Hier können sich Vereine, Privatleute und Mitarbeitende melden und soziale Projekte vorstellen, für die sie eine Förderung gewinnen möchten. Die Gewinner unterstützen wir dann mit jeweils 1.000 Euro. Die Aktion findet zweimal im Jahr an unseren Standorten statt. Als Unternehmen hat Pfeifer & Langen schon seit vielen Jahren soziale Projekte unterstützt, aber wir haben das bisher nie so nach außen getragen. Das soll sich mit den Glücksmomenten ändern.
Nach allem, was ich in den letzten fünf Jahren mitbekommen habe, werden wir im Mitarbeiterkreis als sympathisches Unternehmen wahrgenommen – das ist ja einer der Vorteile bei einem familiengeführten Betrieb. Direktere, schnellere Entscheidungswege und ein partnerschaftliches Zusammenarbeiten auf Augenhöhe auch mit Landwirten und Partnern gehören einfach dazu. So zeigen wir uns nicht nur mit der nachhaltigen Aufstellung auf dem Feld und in der Produktion für die Zukunft gut gerüstet.
Mit Britta Schumacher sprach Claudia Pfeifer.
Bildquelle: Pfeifer & Langen